Coco Chanel: Raus aus dem Korsett

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Frankreich, Ende des 19. Jahrhunderts. Eingeschnürt in reich verzierten Kleidern mit engen Korsetts, die ihnen die Luft zum Atmen nahmen und den Körper starr und steif machten, mit üppigen, balkonartigen Dekolletés, extravaganten Hüten und so ausladend ausstaffierten und betonten Hinterteilen, dass heute wohl selbst Kim Kardashian neidisch werden würde, tippelten die feinen Dame der Pariser Bourgeoisie zur Zeit der Belle Époque brav an der Seite ihrer Männer, und präsentierten Reichtum, Wohlstand und Status.

Zur gleichen Zeit schlug sich woanders in Frankreich eine aus ärmlichen Verhältnissen stammenden Frau als Schneiderin durchs Leben, ohne zu wissen, dass ihre ganz persönliche Belle Époque schon bald beginnen sollte und sie ihr Talent an der Nähmaschine und ihr Freigeist einmal zu einer der einflussreichsten Frauen des 20. Jahrhunderts machen würde.

„WER UNERSETZBAR SEIN WILL, MUSS VOR ALLEM ANDERS SEIN.“
COCO CHANEL

Zugegeben: Anfangs sieht es nicht so aus, als sei Gabrielle „Coco“ Chanel auch nur irgendwie anders als andere Frauen. Sie kommt bei Männern gut an, flirtet gern, und wird schon bald die Geliebte von Étienne Balsan, eines reichen Erben einer Textildynastie, von dem sie sich auf dessen Landsitz in feinster Pariser Gesellschaft aushalten lässt. Mademoiselle Gold Digger? Nicht wirklich. Denn Coco tickt anders als ihre Zeitgenossinnen: Nur Vorzeigepüppchen, Mätresse und schickes Accessoires eines Mannes zu sein ist ihr nicht genug. Sie lernt reiten, treibt Sport und beginnt, selbst Kleidung für ihren aktiven Lebensstil zu entwerfen. Oder trägt einfach die Hosen von Étienne (Hallo Boyfriend-Style!). Ihr Lover stellt ihr seine Pariser Wohnung als Atelier zur Verfügung, und sie macht als Hutdesignerin ihre ersten Gehversuche in die Pariser Modeszene.

Mit einem Kredit von ihrem nächsten Geliebten, Arthur Capel, finanziert sie sich ihr eigenes Hutatelier, und es kommen peu à peu weitere Modesalons hinzu, bis sie schließlich 1918 ihren Haute Couture Salon in der Rue Cambon, 31 in Paris eröffnet – heute noch immer das Stammhaus von CHANEL. Der Laden brummt – sie zahlt ihre Schulden bei Capel zurück und ist endlich unabhängig. Bald sieht man überall ihre Entwürfe, die amerikanische VOGUE nennt sie „Inbegriff der Eleganz“. Coco Chanels Mode ist endlich auch im Alltag tragbar: Ihre unkomplizierten, schlichten Kleider aus einfachem Baumwolljersey, der bis dato nur für Männerunterwäsche benutzt wurde, kommen ohne viel Schnickschnack mit klaren Linien daher und markieren damit einen fundamentalen Wandel. Die Mode wird zurückhaltender – die Frau, die sie trägt, nicht.

1939, zu Beginn des 2. Weltkriegs, muss sie ihr Modeunternehmen schließen. 1954, inzwischen schon 70 Jahre alt, gelingt ihr dann das große Comeback mit dem legendären „Chanel Suit“, einem Kostüm aus Jacke und knielangem Rock, das aus der Modegeschichte nicht mehr wegzudenken ist. Ebenso wenig wie das „Little Black Dress“. Von Coco einst als Trauerkleid für die Witwen des 1. Weltkriegs entworfen, setzt es sich nicht zuletzt durch Audrey Hepburn in Breakfast at Tiffany’s als DIE Universalwaffe gegen das „Ich hab nichts zum Anziehen“-Syndrom durch: Das Kleine Schwarze geht immer.

die chanel-meilensteine

Coco Chanel gab den Frauen ihrer Generation buchstäblich wieder die Luft zum Atmen zurück – weg mit den Korsetts, her mit Stoffen, in denen Frau sich endlich bewegen kann! Ihre Mode war bequem, sie war funktional, und gleichzeitig geprägt von femininer Ästhetik und einer zeitlosen Eleganz, für die CHANEL bis heute steht. Doch nicht nur dem weiblichen Körper gab sie Freiheit, sondern auch dem Geist: Sie selbst lebte als berufstätige Frau, die sich aus ärmsten Verhältnissen hochgearbeitet hatte, unverheiratet, mit wechselnden Beziehungen und ohne Kinder das neue Frauenbild vor und ermutigte so auch nachfolgende Generationen zu einem selbstbestimmten Leben in Unabhängigkeit.

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