Pop-Kultur 2019: La femme totale Highlights

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Are you ready to pop?! 

Bereits zum fünften Mal findet vom 21. bis 23. August 2019 das multimediale Festival Pop-Kultur auf dem Gelände der Kulturbrauerei Berlin statt, organisiert und veranstaltet vom Musicboard Berlin, dass sich die Förderung der Popmusik und das Erschaffen von Räumen für Kunst und Diskurs auf die Fahnen geschrieben hat – bundesweit übrigens einzige Einrichtung dieser Art. 

Es erwarten euch über 60 Konzerte und besondere Sets mit namhaften und brandneuen Acts, diverse Talks, Ausstellungen, Filmvorführungen und Lesungen. Dabei setzt Pop-Kultur ein Zeichen für Diversität und Inklusion und versteht sich als Angebot für alle: Die komplette Infrastruktur des Festivals ist so barrierearm wie nur möglich gestaltet und es gibt während des Festivals Awareness-Teams und ein mobiles Serviceteam für Gäste mit Behinderung, an die sich Besucher wenden können. 

Auch die Themen Gender und Feminismus spielen in diesem Jahr eine große Rolle. Und damit ihr euch im kunterbunten Pop-Kultur-Universum nicht verliert – hier die la femme totale Highlights:

"I guess this is a conversation about ~memes~ or sth like that lel": Berlin Club Memes meets FEMINIST MEME SCHOOL

Talk, Mittwoch 21. August 2019, 20.00 - 21.00 Uhr, Haus für Poesie

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© pop-kultur.berlin

Memes. Wir alle kennen ihn, diesen Hype, der sich in den letzten Jahren dank Social Media rasend schnell verbreitet hat. Meistens in Form von Fotos oder Kurzvideos, mit Text oder Untertitel versehen, sind Memes zu Leitmedien geworden und heute ein fester Bestandteil unserer digitalisierten Welt. Sie können spöttisch sein oder sich über etwas oder jemanden lustig machen, sind oft sarkastisch, überspitzt oder voll schwarzem Humor – und damit natürlich das ideale Kommunikations-Tool im Internet. Gut gemachte Memes gehen innerhalb kürzester Zeit viral und können auf einen Schlag Millionen von Menschen erreichen – natürlich sind mittlerweile auch trendorientierte Marketing-Heinis auf den fahrenden Meme-Zug aufgesprungen und benutzen sie, um ihr Zeug zu vermarkten. 

Doch schon lange dienen sie nicht mehr ausschließlich der Belustigung, sondern sind ebenso zu einem ausdrucksstarken Werkzeug geworden, um Kritik an Politik oder Gesellschaft zu äußern und zum Nachdenken anzuregen. So macht es zum Beispiel Berlin Club Memes: Die Irrungen und Wirrungen der Berliner Club- und Partykultur werden auf Instagram vor über 71.000 Followern augenzwinkernd-ironisch kommentiert. Auch die FEMINIST MEME SCHOOL, die sich, wie der Name vermuten lässt, mit feministischen Themen auseinandersetzt, bringt mit ihren Memes die Dinge auf den Punkt:

Als Workshop-Konzept gegründet von der freien Journalistin Caren Miesenberger, unterrichtet sie die Teilnehmenden quasi in Meme-Kunde und zeigt, wie sie die Ungerechtigkeiten und Diskrimierungen, die sie tagtäglich erfahren, gemeinsam in einen schöpferischen Akt umwandeln, kreativ damit umgehen und vor allem sichtbar werden können: Denn die dabei entstehenden Memes werden während ihrer Workshops live auf Instagram gepostet. So heißt es auf ihrer Website: „Die FEMINIST MEME SCHOOL soll ihnen Momente der Freude verschaffen, wenn andere Teilnehmende relaten können und alle gemeinsam über die Memes lachen“. Irgendwie eine Art Kunsttherapie, oder? Dafür ein großes Like! 

Wer Lust hat auf ein sicher inspirierendes Gespräch über Popkritik und Memekultur zwischen der Person hinter Berlin Club Memes und Caren Miesenberger, der finde sich am Mittwoch, 21. August 2019 ab 20.00 Uhr im Haus für Poesie auf dem Gelände der Kulturbrauerei ein. 

ANNA CALVI

Konzert, Mittwoch 21. August 2019, 22.50 - 00.00 Uhr, Kesselhaus

Gleich zu Festival-Beginn wird schon mächtig Pulver verschossen, wenn die britische Musikerin Anna Calvi am Mittwoch Abend im Kesselhaus loslegt. Doch wer ist diese Frau, und was macht sie so fucking special? Ich hab das mal gegoogelt. Recherche. Und war echt geschockt, was und vor allem wie manche Blätter so über sie schreiben. Eine Frau, die Rockmusik macht und E-Gitarre spielt, sollte 2019 nun wirklich keine reißerische Schlagzeile mehr sein. Und warum bitte machen Beschreibungen ihres Aussehens mindestens ein Viertel der Artikel über sie aus, wenn die eigentlich ihrer Musik, ihrer Arbeit gewidmet sind? Sie sehe aus wie ein Model. „Eine zierliche Schönheit mit roten Schmolllippen, hohen Wangenknochen, Reh-Augen, wild toupierter Sturmfrisur und ganz leiser Stimme“, lese ich da bei Deutschlandfunk. Es ist so lame. Und ich hoffe, dass Anna Calvi kein Deutsch versteht und diesen Macho-Mist über sich nicht lesen muss.

Was schreibe ich also über sie? Naja. Sie ist virtuose Vollblutmusikerin, hat mit sechs Jahren angefangen, Geige zu spielen, mit acht Jahren kam die Gitarre dazu. Sie liebt die Stones, Jimi Hendrix und Patti Smith. Schon als Kind hat sie lieber „Jungssachen“ gemacht, und versteht nicht, was daran so schlimm ist, wenn Jungs „Mädchensachen“ machen wollen. Sie ist queer. Und leidenschaftliche Feministin und Schwulen & Lesben-Aktivistin. 

Ihre Musik ist ein fulminanter Mix aus krachenden Gitarrenriffs und bittersüßer Pop-Romantik, rau, kraftvoll und leidenschaftlich. Brian Eno war ihr Mentor, Nick Cave nahm sie mit Grinderman mit auf Tour – keine schlechten Referenzen. 2011 kam ihr Debütalbum Anna Calvi raus, 2013 folgte One Breath. Ihr drittes Album Hunter erschien im August letzten Jahres und ist nichts anderes als ihr lang herbeigesehnter Befreiungsschlag von unzeitgemäßem Geschlechterdenken, von Genderzwängen und einer heteronormativen Gesellschaft. Doch erzählt sie darauf nicht von einer Community, die ihr Schicksal beweint und isoliert vor sich hin leidet, sondern von einer, die stark ist, die sich unterstützt und füreinander einsteht. Frauen für Männer, Männer für Frauen. Don’t beat the girl out of my boy. Seid dabei, wenn sie bewaffnet mit ihrer Fender Telecaster auf der Pop-Kultur-Bühne zum wilden Tier wird – am Mittwoch, 21. August 2019 im Kesselhaus

CocoRosie

Konzert, Freitag 23. August 2019, 22.50 - 00.00 Uhr, Kesselhaus

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© pop-kultur.berlin

Zugegeben: Als mir eine Freundin damals von CocoRosie vorschwärmte und mir deren Songs in Endlosschleife vorspielte, konnte ich damit nichts anfangen – zu schräg und quäkig und penetrant der Gesang, zu wirr und verrückt die Musik. Aber was wusste ich schon mit Anfang Zwanzig. Nüscht. Als die Schwestern Sierra und Bianca Casady im Jahr 2003 in einem Pariser Badezimmer ihr Album La Maison de Mon Rêve aufnahmen, wussten sie vermutlich auch noch nicht, dass dies der Beginn einer großen Karriere sein würde. Schon als Indie-Musikerinnen bekannt, erscheint 2005 dann das zweite Album „Noah’s Ark“ und verhilft den beiden endlich zum Durchbruch, und zwar nicht nur in der Indie-Szene – selbst internationale Modegiganten wie Escada und Kenzo benutzen nun ihre Songs für Werbekampagnen. 

Sie spielen seit jeher mit Gender-Rollen und alles bei den skurrilen Schwestern ist irgendwie kunstvoll und queer. Bianca zeigt sich oft mit angemalten Schnurrbart und androgynem Look, und auch CocoRosies Texte sind hinter den kindlich-naiven Klangteppichen versteckt überraschend feministisch und politisch motiviert. Aber vor allem sind sie sich treu geblieben: Mittlerweile blicken die beiden auf sechs erfolgreiche Alben zurück und arbeiten erfolgreich an unterschiedlichen Projekten wie „Future Feminists“ und Collaborations, zu denen sie ihre Musik beisteuern. Bianca Casady veröffentlichte ein Soloalbum, gründete 2013 zusammen mit der New Yorker Künstlerin Anne Sherwood Pundyk das New Feminist Arts Magazine Girls Against God und hat an Multimedia-Theaterstücken geschrieben. 

CocoRosies surrealer, sphärischer Sound aus oft ungewöhnlichen Arrangements mit Popcorn-Maschinen, Kinderinstrumenten oder einem Föhn, dazu Sierras sanfter Sopran und Biancas kindlich-kratziger Sprechgesang haben einen hohen Wiedererkennungswert, trotzdem schaffen sie es irgendwie, dass jedes ihrer Stücke anders klingt. Im Herbst erscheint ihr neues Album – ich bin gespannt und hoffe, dass es am Freitag bei Pop-Kultur schon einen Vorgeschmack darauf gibt.

Das ganze Programm und den Timetable, Tickets zum direkt online shoppen und noch mehr Infos gibt es auf der Website pop-kultur.berlin oder auf der Pop-Kultur Facebook Page. Viel Spaß, Ladys & Gentlemen!

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