Lotte Laserstein: Malerin aus Überzeugung

Lotte_Laserstein_by_Wanda_von_Debschitz-Kunowski

Unbeirrbar, mutig, selbstbewusst – das war Lotte Laserstein. Ein goldener Stern am Kunsthimmel Berlins der Zwanziger Jahre, der viel zu früh erlosch. 

Wie die meisten jüdisch-stämmigen Künstlerinnen und Künstler wird auch sie in den 1930er Jahren von den Nazis verfolgt und muss 1937 ins Exil nach Schweden flüchten, wo sie bis zu ihrem Tod lebte und auch weiterhin malte, in der Nachkriegszeit kunsthistorisch allerdings an Interesse und Bedeutung verlor. Anfang April eröffnete die Berlinische Galerie die große Retrospektive „Von Angesicht zu Angesicht“, mit der die Malerin Lotte Laserstein nach vielen Jahren in Vergessenheit jedoch endlich nach Berlin zurückkehrte – in ihre Stadt, wo sie ihre Jugend verbrachte, ihre besten Jahre. Und wo ihr Leben und Schaffen als eine der bedeutendsten Künstlerinnen der Weimarer Republik begann und sie mit ihren realistischen Porträts das Bild der „Neuen Frau“ der Frühen Moderne kreierte.

Ihre künstlerische Laufbahn begann sie hier zu Beginn der Goldenen Zwanziger. Sie ging zunächst auf die Kunstschule ihrer Tante und besuchte dann ab 1921 als eine der ersten Frauen überhaupt die Berliner Kunstakademie, wo sie ihr Kunststudium 1927 erfolgreich abschloss. Schnell wurde sie zum „leuchtenden Talent“ der Kunstszene der Hauptstadt, ihr einzigartiger Stil, die Menschen ihrer Zeit abzubilden und besonders ihre Darstellungen selbstbewusster, emanzipierter Frauen wurden in den Feuilletons gefeiert. Auch sie selbst war eine dieser Frauen: In ihren Selbstporträts sieht man sie stets konzentriert, im weißen Malerkittel, als moderne Künstlerin mit Kurzhaarschnitt. Das war ihr Beruf. Dem traditionellen Rollenbild der Frau wollte sie nicht entsprechen, auch ihre Figurinen setzten sich über die damals vorherrschenden Geschlechterrollen hinweg – entsprangen sie ja der unmittelbaren Wirklichkeit und Lebensrealität. Statt sich Familie und Haushalt zuzuwenden, eröffnete Lotte Laserstein nach ihrem Studium Ende der 20er Jahre lieber ihre eigene Malschule. 

Umso bemerkenswerter ist es, dass all ihre Werke ohne künstlerische Skandale auskommen, herrlich unaufgeregt, ohne Glitzer und Tam Tam. Sie sind entgegen der zeitgleich entstandenen, sehr dramatischen und überspitzenden Werke der Neuen Sachlichkeit eher schlicht und dennoch voll aufregender Intimität. Lotte Laserstein versuchte erst gar nicht, radikal rebellisch zu sein wie ihre männlichen Kollegen, sondern überzeugte subtil mit ihrer strengen Natürlichkeit.

Nach Ende des 2. Weltkrieges änderte sich auch die ästhetische Wahrnehmung von Kunst, man wollte wieder große Innovationen und Avantgarde. Lasersteins Bilder waren zu akademisch, zu sachlich, und wurden vergessen. Erst in den 70ern und 80ern gerieten ihre Arbeiten wieder in den Fokus, als besonders im Ausland die „Deutsche Kunst des 20. Jahrhunderts“ wieder interessant wurde und sie in mehreren Ausstellungen u.a. in London vertreten war. 1993 starb Lotte Laserstein in Kalmar in Schweden, wo sie sich nach der Vertreibung von den Nationalsozialisten ein neues Leben aufbauen konnte – von ihrer Renaissance konnte sie nicht mehr viel miterleben. Wie gut aber, dass sie am Ende noch die Anerkennung erfährt, die sie verdient hat.

Die Lotte Laserstein-Retrospektive „Von Angesicht zu Angesicht“  in der Berlinischen Galerie läuft noch bis Montag, dem 12. August 2019. Wer sich die Ausstellung noch angucken möchte: an diesem Wochenende finden noch öffentlichen Führungen statt. Die Termine dazu findet ihr hier.

Du möchtest noch mehr über inspirierende Frauen erfahren? Kein Problem! 

Bleib informiert über die Themen, die uns bewegen – mit dem la femme totale Newsletter. Trage dich unten einfach mit deiner E-Mail-Adresse ein und erhalte aktuelle News und Storys direkt in dein Mail-Postfach. Natürlich kostenlos. Wir lesen uns!

    Rede mit uns!

    Bye bye, Bad Hair Day: DIY-Haarkuren
    Von Frau zu Frau: Martina van Hettinga von i-potentials